Vega­ner, Vege­ta­ri­er, Fle­xi­ta­ri­er: Vie­le Men­schen ent­schei­den sich, bei ihrer Ernäh­rung über­wie­gend oder sogar gänz­lich auf Fleisch zu ver­zich­ten. Dafür gibt es zahl­rei­che Grün­de, von denen die meis­ten haupt­säch­lich ethi­scher oder gesund­heit­li­cher Natur sind, doch auch Tier­wohl und Umwelt­schutz spie­len für vie­le eine wich­ti­ge Rolle.

Die meis­ten Schät­zun­gen geben an, dass sich zwi­schen 4 und 9 % der Deut­schen vege­ta­risch ernäh­ren. Pro­Veg Deutsch­land (ehe­mals Vege­ta­ri­er­bund Deutsch­land) ist etwas opti­mis­ti­scher und ging im Jahr 2016 von rund 8 Mil­lio­nen Vege­ta­ri­ern in Deutsch­land aus, was etwa 10 % der Bevöl­ke­rung ent­spricht. Dar­über hin­aus sei­en 56 % soge­nann­te Fle­xi­ta­ri­er, die bewusst sel­te­ner Fleisch essen.

Unab­hän­gig von den exak­ten Zah­len zeich­net sich jedoch seit Jah­ren ein deut­li­cher Trend ab: Immer mehr Men­schen wol­len immer weni­ger Fleisch essen. Gleich­zei­tig wol­len vie­le von ihnen aber nicht auf den Geschmack von Fleisch ver­zich­ten – und grei­fen des­halb zu Fleischersatzprodukten.

Inhalt

  • Poten­ti­al und Her­aus­for­de­rung von Fleischersatz
  • Kon­sis­tenz unter­su­chen und vergleichen
  • Bur­­ger-Pat­­tie-Test mit Schneidklinge
  • Wurst-Test mit Warner-Bratzler-Klinge
  • Kon­sis­tenz­mes­sung von Fleisch- und Wurst­wa­ren mit­tels Textur-Profil-Analyse
  • Mes­sung unre­gel­mä­ßig geform­ter Lebens­mit­tel mit Kramer-Scherzelle
  • Tex­tur­ana­ly­se kann ent­schei­den­de Vor­tei­le bieten

Poten­ti­al und Her­aus­for­de­rung von Fleischersatz

Der Markt für Flei­scher­satz birgt gro­ßes Poten­ti­al, doch trotz des unge­bro­che­nen Trends schei­nen vie­le Pro­duk­te nicht wirk­lich ange­nom­men zu wer­den. Nach Anga­ben der Markt­for­scher bei GfK sind die Ver­kaufs­zah­len zu Beginn des Jah­res 2018 wie­der rück­läu­fig: „Vie­le haben die Pro­duk­te aus­pro­biert, der über­wie­gen­de Teil der Kon­su­men­ten hat es dann aber beim Ver­such belas­sen.“ Das legt die Ver­mu­tung nahe, dass das Inter­es­se an den Pro­duk­ten zwar vor­han­den ist, die Pro­duk­te den Ver­brau­cher aber nicht über­zeu­gen konnten.

Fleisch stellt die Her­stel­ler von Ersatz­pro­duk­ten vor eine beson­de­re Her­aus­for­de­rung: Aus­se­hen und Geschmack kön­nen rela­tiv ein­fach mit pflanz­li­chen Inhalts­stof­fen nach­ge­ahmt wer­den – aber nicht die Kon­sis­tenz. Fleisch, beson­ders Mus­kel­ge­we­be, ist ein kom­ple­xes Gebil­de aus Bün­deln lan­ger, dün­ner Fasern, umge­ben von fes­tem Bin­de­ge­we­be, mit klei­nen dar­in ein­ge­schlos­se­nen Fett­ta­schen. Die­se Kom­ple­xi­tät ist es, die es so schwie­rig macht, die Tex­tur von Fleisch nach­zu­ah­men. Denn pflanz­li­che Pro­te­ine tre­ten nicht in Faser­bün­deln auf und haben, ver­gli­chen mit Mus­kel­ge­we­be, kaum Zug­fes­tig­keit oder die Fähig­keit, Feuch­tig­keit zu speichern.

Kon­sis­tenz unter­su­chen und vergleichen

Es mag schwie­rig sein, die Kon­sis­tenz von Fleisch nach­zu­ah­men, aber es ist mög­lich – und es ist ent­schei­dend für den Erfolg von Flei­scher­satz­pro­duk­ten. Denn ein Pro­dukt, das riecht und schmeckt wie das Ori­gi­nal, sich im Mund aber wie Pap­pe anfühlt, wird sich nicht lan­ge behaup­ten können.

Die Tex­tur die­ser Pro­duk­te soll­te des­halb beson­ders gründ­lich unter­sucht und mit der des nach­ge­ahm­ten Pro­duk­tes ver­gli­chen wer­den. Und genau das hat Bey­ond Meat mit sei­nen Pro­duk­ten gemacht. Das Star­t­up-Unter­­neh­­men aus den USA hat einen regel­rech­ten Hype um sich her­um aus­ge­löst und Anfang 2018 die Expan­si­on nach Euro­pa bekannt gege­ben. Bey­ond Meat hat bei der Patent­an­mel­dung sei­nes „pflan­zen­ba­sier­ten Pro­te­in­pro­duk­tes mit Fleisch­struk­tur“ (ori­gi­nal: „Plant based meat struc­tu­red pro­te­in pro­duct“) den Tex­tu­re Ana­ly­ser von Sta­ble Micro Sys­tems eingesetzt.

Der Tex­tu­re Ana­ly­ser TA.XTplus ver­eint die Fle­xi­bi­li­tät unter­schied­li­cher Test­me­tho­den (Kom­pres­si­on, Pene­tra­ti­on, Zug, Extru­si­on etc.) mit einer prak­tisch unbe­grenz­ten Aus­wahl an Mess­werk­zeu­gen und Hal­te­vor­rich­tun­gen, um alle rele­van­ten Tex­tur­ei­gen­schaf­ten von Fleisch- und Flei­scher­satz­pro­duk­ten zu unter­su­chen, wie zum Bei­spiel die Fes­tig­keit, Elas­ti­zi­tät, Knusp­rig­keit, Beiß­kraft, Kohä­si­on und Adhäsion.

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Bur­­ger-Pat­­tie-Test mit Schneidklinge

Bur­­ger-Pat­­tys gehö­ren zu den Fleisch­pro­duk­ten, die ver­gleichs­wei­se ein­fach nach­ge­bil­det wer­den kön­nen: eine ein­fach geform­te Mas­se aus ver­schie­de­nen Zuta­ten. Das Wich­tigs­te am Bur­­ger-Pat­­ty (neben dem Geschmack natür­lich) ist sei­ne Kon­sis­tenz, die für das Mund­ge­fühl ver­ant­wort­lich ist. Ein Pat­ty darf weder staub­tro­cken noch weich und mat­schig sein – es muss zusam­men­hal­ten, saf­tig und zart, aber gleich­zei­tig herz­haft „flei­schig“ im Biss sein.

Ein typi­scher Test­an­satz, um die Qua­li­tät eines Bur­­ger-Pat­­tys zu unter­su­chen, ist des­halb die Mes­sung der Kraft, die benö­tigt wird, um die Fasern zu bre­chen bzw. zu zer­schnei­den – als wür­de der Kon­su­ment hin­ein­bei­ßen. Für die Unter­su­chung mit dem Tex­tu­re Ana­ly­ser wird hier­für eine Pro­be mit einer ein­fa­chen Klin­ge zer­teilt. Die gemes­se­ne Kraft spie­gelt wider, wie biss­fest das Pat­ty ist, und kann mit wei­te­ren Pro­ben und ande­ren Pro­duk­ten ver­gli­chen werden.

Der Ver­gleich eines Rin­d­f­leisch-Pat­­tys mit einem Veggie-Pat­­ty aus Quorn zeigt, dass zum Zer­tei­len des Fleisch­pro­duk­tes mit einer Klin­ge wesent­lich mehr Kraft benö­tigt wird als für die Flei­­scher­­satz-Vari­an­­te. Das Rin­d­f­leisch-Pat­­ty wür­de also als deut­lich biss­fes­ter wahr­ge­nom­men werden.

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Wurst-Test mit Warner-Bratzler-Klinge

Biss und Kna­ckig­keit sind auch ein ent­schei­den­des Qua­li­täts­merk­mal von Wurst, deren unzäh­li­ge Vari­an­ten in Deutsch­land sogar als Kul­tur­gut gel­ten – ob Cur­ry­wurst, Weiß­wurst, Sala­mi, Brat­wurst vom Imbiss oder vom eige­nen Grill: Wurst ist und bleibt eines der belieb­tes­ten Fleisch­pro­duk­te in Deutsch­land und auch die fleisch­lo­sen Vari­an­ten haben mitt­ler­wei­le einen fes­ten Platz in den meis­ten Supermärkten.

Auch bei der Unter­su­chung von Wurst­wa­ren liegt es nahe, den Biss in das Pro­dukt zu simu­lie­ren und die ent­spre­chen­den Kräf­te zu mes­sen. Für die Unter­su­chung run­der Pro­ben emp­fiehlt sich die War­­ner-Brat­z­­ler-Klin­­ge, da die drei­ecki­ge Aus­spa­rung in der Mit­te der Klin­ge die Schnitt­flä­che an der Pro­be erhöht. Die ein­ge­schlitz­te Grund­plat­te ermög­licht es, durch die kom­plet­te Pro­be zu schnei­den. Die­se recht ein­fa­che Test­me­tho­de erfor­dert nahe­zu kei­ne Pro­ben­vor­be­rei­tung und gehört zu den am häu­figs­ten ver­wen­de­ten Beiß- und Scher­prü­fun­gen für Fleisch und Fleischprodukte.

Die Unter­su­chung der Scher­kraft bei einer Wurst aus Schwei­ne­fleisch und einer vege­ta­ri­schen Wurst aus Quorn zeigt, dass zum Zer­tei­len der Mus­kel­fa­sern erheb­lich mehr Ener­gie benö­tigt wird, als für die fein zer­klei­ner­te Fül­lung der somit viel wei­che­ren Quorn-Wurst.

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Kon­sis­tenz­mes­sung von Fleisch- und Wurst­wa­ren mit­tels Textur-Profil-Analyse

Die Tex­­­tur-Pro­­fil-Ana­­ly­­se (TPA) wur­de ent­wi­ckelt, um die Kon­sis­tenz von Lebens­mit­teln beim Zer­kau­en zu mes­sen und so ins­be­son­de­re das dabei ent­ste­hen­de Mund­ge­fühl nach­voll­zie­hen zu kön­nen. Bei die­ser Metho­de wird eine Pro­be zwei­mal mit einem Mess­stem­pel zyklisch belas­tet. Die hier­bei ent­ste­hen­den Druck- und Anhaft­kräf­te geben einen guten Über­blick über die Kon­sis­tenz des Pro­duk­tes und ermög­li­chen die Bewer­tung von Fes­tig­keit, Kleb­rig­keit, Elas­ti­zi­tät, Kohä­si­on, Gum­mi­ar­tig­keit, Kau­fä­hig­keit und Balligkeit.

Mit­hil­fe der TPA las­sen sich Kon­sis­tenz­un­ter­schie­de leicht iden­ti­fi­zie­ren und in Zah­len dar­stel­len. Dadurch eig­net sie sich her­vor­ra­gend für die Qua­li­täts­kon­trol­le, vor allem aber auch für ver­glei­chen­de Unter­su­chun­gen meh­re­rer unter­schied­li­cher Pro­duk­te, wie zum Bei­spiel Wurst­brät und einem ent­spre­chen­den Fleischersatzprodukt.

Mes­sung unre­gel­mä­ßig geform­ter Lebens­mit­tel mit Kramer-Scherzelle

Sind Lebens­mit­tel unre­gel­mä­ßig bzw. nicht ein­heit­lich geformt, kann die Repro­du­zier­bar­keit von Tests an ein­zel­nen Pro­ben häu­fig nicht gewähr­leis­tet wer­den. Die­ses Pro­blem kann umgan­gen wer­den, indem bei­spiels­wei­se ein Test an einer ein­zel­nen Pro­be par­al­lel an meh­re­ren Stel­len durch­ge­führt wird oder indem man eine grö­ße­re Anzahl an Pro­ben gleich­zei­tig unter­sucht. Auf die­se Wei­se wird ein aus­sa­ge­kräf­ti­ger Durch­schnitts­wert gebildet.

Für solch hete­ro­ge­ne Pro­duk­te, wie Geschnet­zel­tes oder Hüh­ner­brust­strei­fen, wur­de die Kra­­mer-Scher­­zel­­le ent­wi­ckelt. In den Pro­ben­be­häl­ter wird eine (immer gleich­mä­ßi­ge) Men­ge an Pro­ben­ma­te­ri­al gege­ben, anschlie­ßend fährt eine Plat­te mit 5 bzw. 10 Klin­gen in die­sen Behäl­ter hin­ein, wobei die Klin­gen durch Schlit­ze am Boden des Behäl­ters hin­durch­fah­ren oder kurz davor gestoppt wer­den kön­nen. Das Pro­dukt wird dabei durch die Klin­gen zunächst kom­pri­miert, bis die­se in das Pro­dukt hin­ein­schnei­den und es schließ­lich ver­drän­gen, bis die Klin­gen stop­pen. Die so gemes­se­nen Kräf­te erge­ben einen guten Indi­ka­tor für die Fes­tig­keit der gesam­ten Probe.

Tex­tur­ana­ly­se kann ent­schei­den­de Vor­tei­le bieten

Will man Bestand­tei­le oder Zuta­ten eines Pro­duk­tes ent­fer­nen oder erset­zen oder die Rezep­tur ver­än­dern, so hat dies in aller Regel auch Aus­wir­kun­gen auf die Tex­tur und Kon­sis­tenz des Pro­duk­tes, was wie­der­um zu man­geln­der Akzep­tanz durch den Ver­brau­cher füh­ren kann. Mit­hil­fe ver­schie­de­ner Metho­den der Tex­tur­ana­ly­se kön­nen die­se Aus­wir­kun­gen sicht­bar und mess­bar gemacht wer­den, wodurch Lebens­mit­tel­her­stel­ler in der Lage sind, die Unter­schie­de zum ursprüng­li­chen Pro­dukt zu iden­ti­fi­zie­ren und zu mini­mie­ren. Ins­be­son­de­re beim Nach­ah­men und Erset­zen eines so kom­ple­xen Natur­pro­duk­tes wie Fleisch kön­nen detail­lier­te Unter­su­chun­gen den Unter­schied zwi­schen Erfolg und Miss­erfolg eines Pro­duk­tes ausmachen.

Titel­bild: jcomp on Freepik